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William und Meriwether auf wundersamer Expedition | Interview mit Jindřich Janíček

Lieber Jindřich, zunächst möchten wir uns herzlich dafür bedanken, dass du dir die Zeit nimmst, unsere Fragen zu beantworten. Wir freuen uns sehr, dass das Buch William und Meriwether auf wundersamer Expedition von dir und deiner Kollegin Taťána Rubášová nun auch auf Deutsch erscheinen ist. Könntest du uns zu Beginn etwas über eure Zusammenarbeit erzählen? Wie seid ihr an das Projekt herangegangen?

 

Wir wollten einfach gern zusammenarbeiten. Bei einem gemeinsamen Workshop der Kunstschule und der Drehbuchklasse an der Filmschule haben wir uns kennengelernt. Dort haben wir an einem Buch gearbeitet und da das gut funktioniert hat, wollten wir versuchen, etwas Unabhängiges zu schaffen. Sozusagen auf eigene Faust und nicht als Teil unseres Studiums. Wir haben dabei ziemlich viel improvisiert, ich erinnere mich tatsächlich nur noch an wenige Details. Wenn ich mir mein Skizzenbuch ansehe, bin ich immer noch erstaunt darüber, dass wir es tatsächlich durchgezogen haben. Ich weiß, dass wir die Geschichte innerhalb eines Nachmittags mit einem groben Storyboard fertig hatten. Die erste Version umfasste nur 64 Seiten. Zum Ende fügten wir noch weitere 32 Seiten hinzu. Auch dabei improvisierten wir größtenteils aus einem Bauchgefühl heraus.

 

Als Illustrator des Buches: Wie gestaltest du den kreativen Prozess beim Zeichnen? Kannst du uns einen Einblick in deine Vorgehensweise und die Entstehung der Illustrationen geben?

 

Ich habe mich dazu entschieden, die Roboter so kantig aussehen zu lassen, weil es so für mich viel einfacher ist, sie trotz des wiederholten Zeichnens möglichst gleich aussehen zu lassen. Das war ein cleverer Schachzug von meinem vergangenen Ich, muss man sagen. Die Zeichnungen selbst sind eng mit der Geschichte verbunden. Wir haben ein Storyboard mit wirklich einfachen, ein paar Zentimeter großen Skizzen angefertigt. Diese wurden dann neu gezeichnet, wenn sich die Geschichte geändert hat. Aber die Grundkomposition steht, die Stimmung wird erwähnt, ob es Nacht oder Tag ist usw. Der erste Teil ist jetzt fast zehn Jahre her, und im Laufe der Zeit habe ich die Art und Weise, wie ich ihn zeichne, langsam verändert. Die erste Ausgabe wurde mit einem Marker auf Papier gezeichnet und dann am Computer in drei verschiedenen Farben getrennt. Einige Teile habe ich mit dem Zeichentablett neu gemacht und ausradiert. Das war ein mühsamer Prozess. Bei der zweiten Ausgabe habe ich mehr digital koloriert. Nachdem mein Sohn geboren wurde, war die Zeitersparnis durch digitale Zeichnungen plötzlich viel wichtiger. Der dritte Band ist daher größtenteils digital entstanden, nur grobe Kompositionsskizzen wurden noch auf Papier gezeichnet.

 

Das Thema Depression wird im Buch ebenfalls behandelt. Wie habt ihr es geschafft, dieses komplexe und sensible Thema auf eine Art und Weise darzustellen, die für junge Leser verständlich und zugänglich ist?

 

Hier gilt der Dank allein Taťána. Es entstand, als ich sagte, dass ich mehr ruhige Seiten ohne Action und mit mehr Text möchte. Und sie denkt sich das dann aus. Aus irgendeinem einmaligen Witz, den die Roboter zuvor gemacht haben, und aus der Atmosphäre der fertigen Bilder, lässt sie das entstehen. Das gibt mir wiederum Anhaltspunkte, sodass ich dann die Illustrationen leicht verändern kann, damit die Stimmung oder die Position der Roboter besser zu dem passt, was sie geschrieben hat. Die Entstehung dieser Bücher ist ein einziges großes Patchwork, bei dem einige Szenen schon fertig sind, weil es mir Spaß gemacht hat zu zeichnen, und die entscheidenden Szenen direkt davor noch in Skizzenform sind. Taťána schreibt manchmal, während ich zeichne, und manchmal wartet sie auf größere gezeichnete Abschnitte der Geschichte. Das ist wahrscheinlich eine langweilige Antwort, aber so schreibt sie nun mal. In ihren Texten erkennt man ihre natürliche, ungekünstelte Haltung und ihre emphatische, sehr sensible Persönlichkeit. Außerdem ist sie gut darin, ihre Texte im Nachhinein noch mal zu überarbeiten.

 

In der Geschichte spielt die Idee von Robotern, die über die Menschheit hinaus existieren, eine wichtige Rolle. Was fasziniert dich an der Vorstellung, dass Roboter möglicherweise in der Lage sind, eine eigene Gesellschaftsstruktur zu entwickeln und zu erhalten?

 

Ich habe ein bisschen Angst, diese Frage zu beantworten. Eigentlich sollte es nur ein Buch werden, keine Serie. Keine weiteren Bände. Nichts. Also haben wir eine Reihe von Witzen und Szenen zusammengestellt, die uns gefielen. Aber dann kam der zweite Teil und wir mussten anfangen, wirklich über die Welt nachzudenken und im Grunde versuchen, all diese Widersprüche zu verbergen. Ich glaube nicht, dass wir jemals geklärt haben, ob es empfindungsfähige Roboter gibt oder ob sie nur dazu programmiert sind, so zu wirken. Wahrscheinlich wurden sie nur so programmiert, haben aber auch empfindsame Momente. Es ist ein bisschen verwirrend, um ehrlich zu sein. Gleichzeitig ist es auch Teil des Witzes und ihrer seltsamen Reise. Wir erkennen zum Beispiel, dass humanoide, sprechende Roboter wahrscheinlich die ineffektivste Form eines Roboters sind, und kein vernünftiger Mensch würde sie in der Realität so entwerfen.

 

Ein zentrales Thema der Erzählung ist die Freundschaft. Welche Aspekte von Freundschaft empfindest du als besonders bedeutend, und wie kommen diese in der Beziehung der Roboter zueinander zur Geltung?

 

Die Freundschaft der beiden Hauptfiguren basiert auf der Beziehung zwischen Taťána und mir. Im Grunde sind wir gute Freunde, die jederzeit über alles reden können, aber aus irgendeinem Grund dauert es nicht sehr lange, bis es zu einem Streit kommt. Das haben wir während der Arbeit an unserem ersten gemeinsamen Buch herausgefunden. Dafür sind wir hervorragend darin, miteinander zu schweigen. Es ist schwer, jemanden zu finden, mit dem es angenehm ist, still zu sein, während man in einem Café sitzt und arbeitet.

 

Welche Moral sollten junge Leser*innen deiner Meinung nach aus dieser Geschichte mitnehmen? Welche Werte liegen dir besonders am Herzen?

 

Nun, um ehrlich zu sein, war mein Anteil an all diesen Büchern eher dieses seltsame Gefühl des unausweichlichen Untergangs, das hinter allem steckte. Taťána hat die ganze schwere Arbeit geleistet, die Geschichte so zu gestalten, dass man beim Lesen nicht ständig an die ausgelöschte Menschheit denken muss. Das ist ihr gelungen, trotz all der Totenköpfe, die in den Ecken mancher Bilder liegen. Ich glaube nicht, dass ich die richtige Person bin, um diese Frage zu beantworten.

 

Was war die Inspiration dafür, Roboter als Hauptfiguren in eurem Kinderbuch zu wählen?

 

Ich glaube nicht, dass es eine spezifische Inspiration gab. Für mich war es eher eine logische Schlussfolgerung. Keine andere Geschichte hätte meine Aufmerksamkeit so lange gefesselt. Zudem sind Roboter die einzige Form von Hauptfiguren, bei denen ich mir vorstellen kann, sie über Seiten hinweg immer und immer wieder zu zeichnen, und trotzdem weiterzumachen. Sie sind einfach zu zeichnen, dennoch haben sie im Laufe der Jahre einen Wandel vollzogen.

 

Zum Abschluss noch eine Frage zur tschechischen Comicszene. Welche Traditionen und Einflüsse sind dort besonders wichtig? Und was macht tschechische Comics deiner Meinung nach einzigartig?

Einzigartig? Nicht viel. Ich denke, wir sind ein kleines Land, das von vielen Seiten gleichzeitig beeinflusst wird. Das macht es schwer, etwas Einzigartiges auszumachen. Dafür habe ich mich nie wirklich interessiert. Über meine Kunst rede ich nicht. Ich spreche eher über die Comics, die ich gelesen habe und die mich beeinflusst haben. Als Kind habe ich Asterix, Tintin und Donald Duck gelesen. Als ich Englisch lernte, begann ich Watchmen zu lesen, aber ich liebte auch Donjon von Joann Sfar. Es ist eine unendliche Mischung, und wenn mir als Leser der Herkunftsort egal ist, weiß ich nicht, wie ich etwas Einzigartiges in tschechischen Comics finden soll. 

 

Vielen Dank für dieses Gespräch.

 

William und Meriwether auf wundersamer Expedition ist hier erhältlich!

 

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